Wie funktioniert Process Mining?

Moderne Unternehmensprozesse sind komplex. Sie laufen über eine Vielzahl von Systemen, die nicht nur unterschiedliche Datentypen verwenden, sondern auch unterschiedliche Benutzer haben und zu verschiedenen Abteilungen gehören.

Process-Mining-Tools bieten verschiedene Methoden, um diese Daten aus Quellsystemen zu extrahieren. In der einfachsten Form kann ein Benutzer einfach ein Event Log aus einem System als .csv-Datei exportieren und in das Process-Mining-Tool hochladen. Die fortschrittlichsten Unternehmen nutzen jedoch Echtzeit-Dateneinspeisung, um Prozessdaten kontinuierlich zu synchronisieren.

Wenn sich ein Geschäftsobjekt oder Fall (auch „Case“ genannt) – zum Beispiel eine Rechnung oder ein Kundenservice-Ticket – innerhalb eines Prozesses durch die Systeme bewegt, hinterlässt es gewissermaßen digitale Fußabdrücke. Das sind Bearbeitungsschritte, die den Prozess voranbringen: beispielsweise der Eingang einer Rechnung und deren Begleichung oder das Einreichen eines Kundenservice-Tickets und dessen Lösung. Diese Datenspuren werden auch als „Events“ bezeichnet.

Die Process Mining-Technologie sammelt diese digitalen Fußabdrücke, indem sie Systemprotokolle dieser Events extrahiert – auch „Event Logs“ genannt – und visuell rekonstruiert, was im Prozess passiert.

Diese Event Logs enthalten mindestens drei wichtige Prozessdaten für jedes einzelne Ereignis:

Case-ID - Eine Identifikationsnummer für ein spezifisches Geschäftsobjekt (z.B. Rechnung)
Aktivität - Der Prozessschritt, den das Geschäftsobjekt durchlaufen hat (z.B. Begleichen einer Rechnung)
Zeitstempel - Der Zeitpunkt, zu dem das Geschäftsobjekt diese Phase durchlaufen hat

Es können auch zusätzliche Informationen hinzugefügt werden, um noch mehr Kontext geben: z. B. Verkäuferdetails für eine Rechnung oder die Prioritätsstufe für ein Service-Ticket.

Sobald diese Daten eingespeist sind, kommt die eigentliche Power von Process Mining ins Spiel.

Process Mining nutzt diese Event Logs, um Ihren Prozess Ende zu Ende zu visualisieren. Dabei wird jeder einzelne Schritt, den ein Geschäftsobjekt zurücklegt, abgebildet. Dieses digitale, realitätstreue Prozessabbild wird manchmal als „Digital Twin“ bezeichnet.

Es listet sämtliche Ereignisse, und sämtliche verschiedenen Prozesspfade, die ein Geschäftsobjekt genommen hat, chronologisch auf. Diese Pfade werden auch als Prozessvarianten bezeichnet. Varianten, die nicht dem vordefinierten Standard oder akzeptierten Weg folgen, werden als Abweichungen bezeichnet.

Mit Process Discovery können Sie diese interaktive Prozesslandkarte erkunden und wie unter einem Mikroskop sämtliche Prozessvarianten betrachten. Sie können herauszoomen und ALLE Prozessvarianten sehen, die oft in die Hunderte oder Tausende gehen. Das Bild, das sich dabei ergibt, nennen wir „Spaghetti“-Diagramm.

Sie können aber auch auf den „Happy Path“ hineinzoomen, d. h. auf den vordefinierten Prozesspfad, den jedes Geschäftsobjekt idealerweise verfolgen sollte. Im Idealfall ist dies die am häufigsten vorkommende Prozessvariante.

So können Sie den Prozess nach Belieben „sezieren“, um zu sehen, wie er wirklich abläuft.

Die Prozessanalyse ermöglicht es Ihnen, die Ursachen für ineffiziente Prozesse zu verstehen und deren Auswirkungen auf Ihre KPIs zu quantifizieren.

Sie können so Antworten erhalten auf Fragen wie:

• Wo sind Schwachstellen im Prozess?
• Was verlangsamt meine Durchlaufzeit?
• Welche Teams oder Ressourcen sind überlastet?
• Welche Aktivitäten werden häufig übersprungen?
• Welche Teams oder Ressourcen verursachen Abweichungen?

Sie können auch Fragen nach den Auswirkungen von Prozessvarianten beantworten:

• Wie wirkt sich eine bestimmte Variante auf eine Kennzahl wie beispielsweise Kosten aus?
• Wie wirkt sich Automatisierung, oder deren mangelnder Einsatz, auf die Prozessdurchlaufzeit aus?
• Wie wirkt sich eine bestimmte Maßnahme (z. B. Kreditsperre) auf meine KPIs aus (z. B. Liefertreue)?
• Wie viel Prozent der Fälle folgen dem definierten Prozesspfad, also dem Happy Path?

Wenn Sie bestimmte Theorien haben, wodurch Ineffizienzen zustande kommen, können Sie diese überprüfen. Die verschiedenen Ansichten und Komponenten ermöglichen Ihnen, die Daten nach bestimmten Fragestellungen zu filtern und aufzuschlüsseln.

Sie können den Ist-Prozess auch mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und Machine Learning untersuchen und die wichtigsten Ineffizienzen aufdecken – ganz automatisch.

Beim Process Benchmarking (zu deutsch: Prozessvergleich) können Sie die Performance Ihrer Prozesse in verschiedenen Kategorien verstehen.

Vielleicht möchten Sie die Bearbeitungszeit einer Rechnung in zwei verschiedenen Ländern oder die Durchlaufzeit einer Bestellung bei einem Lieferanten mit der eines anderen vergleichen.

Process Benchmarking hilft Ihnen, Best Practices zu ermitteln und diese über Regionen, Geschäftsbereiche und Teams hinweg zu teilen.

Conformance Checking (zu deutsch: Konformitätsprüfung) gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihren bevorzugten Pfad, also Ihren Happy Path, zu definieren und zu sehen, an welchen Stellen der Prozess davon abweicht.

Dadurch können Sie genau verstehen, wie sehr sich Ihr Ist-Prozess vom Ziel-Prozess unterscheidet. Sie können sowohl in Prozentzahlen aufgeschlüsselt sehen, wie viele Fälle Ihrem gewünschten Prozess entsprechen, und wie viele nicht. Und Sie können erkennen, wenn Schritte übersprungen, in der falschen Reihenfolge ausgeführt werden oder in einer bestimmten Phase des Prozesses länger als erwartet dauern.

Wenn Sie Verbesserungen vornehmen, hilft Ihnen die Konformitätsprüfung zu messen, wie viele Fälle dem Happy Path folgen.